In Artikel 6 verpflichtet die UN-Antifolterkonvention ihre Vertragsstaaten, gegen jedermann, der einer der in Art. 4 CAT genannten Straftaten verdächtig ist und sich in seinem Hoheitsgebiet befindet, alle nötigen Massnahmen einzuleiten, die dessen weitere Anwesenheit sicherstellen und die Einleitung eines Strafverfahrens oder eines Auslieferungsverfahrens zu ermöglichen. Zu den hiernach einzuleitenden Massnahmen kann auch die Anordnung von Untersuchungshaft nach dem innerstaatlichen gesetzlichen Verfahrensvorschriften des jeweiligen Vertragsstaats gehören.
Das deutsche Recht entspricht diesen Anforderungen im Wesentlichen durch den Legalitätsgrundsatz des § 152 Abs. 2 StPO, wonach die Staatsanwaltschaft verpflichtet ist, wegen aller verfolgbaren Straftaten einzuschreiten, sofern zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen. Zwar sieht § 153c StPO bei der Strafverfolgung von Auslandstaten, abweichend von § 152 Abs. 2 StPO, ein Ermessensprinzip vor. Allerdings kann in den von der UN-Antifolterkonvention dieses sonst für Auslandsstraftaten geltende Ermessensprinzip des § 153c Abs. 1 StPO schon deshalb zu keinem anderen Ergebnis führen, weil die Strafverfolgungsbehörden ihr Ermessen nur im Einklang mit den völkerrechtlichen Verpflichtungen ausüben dürfen, die der Bundesrepublik Deuischland obliegen.
Bei Fluchtgefahr kann Untersuchungshaft nach Massgabe des § 112 StPO angeordnet werden. Die regelmässige Haftprüfung (§ 117 StPO) und die eingeschränkten Zulässigkeitsvoraussetzungen für eine Untersuchungshaft von mehr als sechsmonatiger Dauer (§ 121 StPO) entsprechen dabei den Anforderungen des Art. 6 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 CAT: Die Untersuchungshaft darf nur solange aufrecht erhalten werden, wie es notwendig ist, um die Einleitung eines Straf- oder Auslieferungsverfahrens zu ermöglichen.
Nach Art. 6 Abs. 3 der UN-Antifolterkonvention sind dem Verhafteten Erleichterungen zu gewähren, damit er mit der nächsten zuständigen Vertretung seines Heimatlandes – oder, bei Staatenlosen, des Staates seines gewöhnlichen Aufenthalts – kommunizieren kann. Diese Erleichterungen sind nach Massgabe des für die Bundesrepublik Deutschland verbindlichen Artikels 36 Abs. 1 des Wiener Übereinkommens vom 24. April 1963 über konsularische Beziehungen1 gewährleistet.
Nach Art. 6 Abs. 4 CAT hat ein Staat, der eine Person aufgrund dieses Artikels in Haft genommen hat, diese Inhaftierung sowie die Umstände, welche die Haft rechtfertigen, unverzüglich dem für die Strafverfolgung zuständigen Staat mitzuteilen. Der Staat, der die vorläufige Untersuchung nach Art. 6 Abs. 2 CAT durchführt, hat die übrigen betroffenen Staaten unverzüglich über das Ergebnis der Untersuchung zu unterrichten und ihnen mitzuteilen, ob er seine Gerichtsbarkeit auszuüben beabsichtigt.
Diese Mitteilungspflichten sind den Vorbildern in anderen internationalen Verträgen nachgebildet, so etwa der Bestimmung in Artikel 6 des Übereinkommens vom 23. September 1971 zur Bekämpfung widerrechtlicher Handlungen gegen die Sicherheit der Zivilluftfahrt2. Die Erfüllung dieser Mitteilungspflichten obliegt nach der bundesstaatlichen Zuständigkeitsverteilung nicht den grundsätzlich zur Strafverfolgung berufenen Bundesländern, sondern der Bundesregierung.
Artikel 6
- Hält ein Vertragsstaat, in dessen Hoheitsgebiet sich ein der Begehung einer in Artikel 4 genannten Straftat Verdächtiger befindet, es nach Prüfung der ihm vorliegenden Informationen in Anbetracht der Umstände für gerechtfertigt, so nimmt er ihn in Haft oder trifft andere rechtliche Massnahmen, um seine Anwesenheit sicherzustellen. Die Haft und die anderen rechtlichen Massnahmen müssen mit dem Recht dieses Staates übereinstimmen; sie dürfen nur so lange aufrechterhalten werden, wie es notwendig ist, um die Einleitung eines Straf– oder Auslieferungsverfahrens zu ermöglichen.
- Dieser Staat führt unverzüglich eine vorläufige Untersuchung zur Feststellung des Sachverhalts durch.
- Einer aufgrund des Absatzes 1 in Haft befindlichen Person wird jede Erleichterung gewährt, damit sie mit dem nächsten zuständigen Vertreter des Staates, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt, oder, wenn sie staatenlos ist, mit dem Vertreter des Staates, in dem sie sich gewöhnlich aufhält, unmittelbar verkehren kann.
- Hat ein Staat eine Person aufgrund dieses Artikels in Haft genommen, so zeigt er unverzüglich den in Artikel 5 Absatz 1 genannten Staaten die Tatsache, dass diese Person in Haft ist, sowie die Umstände an, welche die Haft rechtfertigen. Der Staat, der die vorläufige Untersuchung nach Absatz 2 durchführt, unterrichtet die genannten Staaten unverzüglich über das Ergebnis der Untersuchung und teilt ihnen mit, ob er seine Gerichtsbarkeit auszuüben beabsichtigt.